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Konflikte willkommen heißen

Konflikte sind etwas zutiefst Menschliches. Die Strategien, wie wir mit ihnen umgehen, sind es häufig nicht und führen selten zu guten, tragfähigen Lösungen. Christian Bähner zeigt, wie wir Lösungen jenseits von Richtig und Falsch finden und uns auch bei Konflikten im Arbeitskontext als Menschen begegnen.

Text: Christian Bähner | Foto: milehightraveler/iStock

Konflikte sind überall und niemand mag sie besonders gerne. Dass wir sie nicht mögen, hat viel damit zu tun, dass wir nie einen konstruktiven Umgang mit ihnen gelernt haben. Viele Menschen wissen noch nicht, wie sie ihre Konflikte miteinander besprechen und sie dadurch klären können – sei es in der Familie, unter Freunden und ganz besonders bei der Arbeit.

Dabei ist es gar nicht so schwer, Konflikte zu klären. Man kann es lernen, egal, wie alt man ist. Kindern gelingt es sogar häufig schneller, vielleicht weil sie weniger Angst vor Gefühlen und den Folgen eines Streits haben. Tatsächlich vermeiden wir Konflikte lieber, als dass wir sie ansprechen. Besonders im Arbeitskontext scheint es „riskant“, Dinge zu benennen, mit denen man nicht einverstanden ist. So kommt es, dass ich es als Wirtschaftsmediator häufig mit eskalierten Konflikten zu tun habe. Also erst dann gerufen werde, wenn es nicht mehr anders geht, die Zusammenarbeit auf der Kippe steht, weil man nicht mehr miteinander reden kann oder sich Mitarbeitende krankmelden.

An diesem Punkt haben sich die Beteiligten schon so verstrickt, dass sie nichts Gutes mehr aneinander finden, den anderen als Gegner oder Feind sehen, ihn mehr und mehr „entmenschlichen“. Deshalb überraschte es mich wenig, als in einer Mediation kürzlich ein Mitarbeiter auf die Frage „Gibt es etwas, was Ihre Kollegin gut kann?“, antwortete: „Da fällt mir nichts ein!“

Konflikte: eine Einladung

An dieser Stelle hätten die beiden in dem Glauben auseinandergehen können, dass sie sich nichts mehr zu sagen hatten, dass es nichts bringen würde, miteinander zu reden, das „Tischtuch zerschnitten“ war. Auch wenn die Worte hart und verletzend waren – die Tatsache, dass sie die Mediation suchten, zeigt, dass dem nicht so war. Menschen sind beziehungsorientierte Wesen, die Zugehörigkeit suchen und Konflikte möglichst friedlich miteinander klären möchten. Diese zuversichtliche und vertrauensvolle Grundhaltung ist die Basis, mit ihr kann man an den Tisch zurückkehren, sich dem Konflikt stellen und sein Herz öffnen, um gemeinsam eine Lösung zu entwickeln. Diese Haltung kann man sowohl für andere als auch für sich selbst entwickeln.

Für Unternehmen heißt das: Jeder Konflikt ist eine Einladung, die Zusammenarbeit zu verbessern, sei es durch ein besseres Verständnis füreinander, sei es durch die Optimierung von Prozessen. Eine konstruktive Konfliktklärung strebt einen Konsens an, eine Lösung also, bei der alle Konfliktbeteiligten gewinnen. Das mag idealistisch klingen, die Praxis zeigt, das ist möglich, wenn wir verstehen, worum es uns im Konflikt wirklich geht.

Aktives Zuhören

Im Konflikt verengt sich der Fokus auf das Negative. Die andere Konfliktpartei wird mit dem Problem gleichgesetzt und man nimmt an, wenn die Person sich ändern würde, gäbe es keinen Konflikt. In meinem Beispiel beklagte sich die Kollegin darüber, wie sie ständig kontrolliert und in ihren Kompetenzen beschnitten wurde. Und ihr Kollege beschwerte sich über fehlende Informationen, hatte den Eindruck, er werde von ihr bewusst übergangen. Die beiden waren zutiefst überzeugt: Meine Sichtweise ist die richtige und die andere Person ist das Problem!

In der Mediation geht es dann darum, gemeinsam mit den Konfliktparteien das Bild zu vervollständigen, indem die verschiedenen Sichtweisen zusammengefasst und klargestellt werden: „Habe ich Ihre Perspektive richtig verstanden?“ Und den Parteien gleichzeitig zu spiegeln, welche Gefühle und Bedürfnisse ich wahrnehme. Diese Kommunikationstechnik nennt man „aktives Zuhören“. Diese Technik kann man in beliebigen Alltagssituationen anwenden, um die eigene Wahrnehmung zu überprüfen. Es lohnt sich, sich für diese Art der Kommunikation Zeit zu nehmen (…) Mehr

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