Atem ist Leben, Leben heißt Atmen. Für die Yogalehrerin Annika Isterling ist der Atem ein zentraler Aspekt ihrer Praxis. Hier präsentiert sie ein paar einfache und zugleich effiziente Übungen, die uns mit uns selbst und unserem Körper verbinden.
Text: Annika Isterling
Man könnte denken, dass es sich beim Thema „Atem“ um etwas ganz Simples handelt, schließlich atmen wir die ganze Zeit, ohne dass wir darüber nachdenken müssten.
Warum befassen sich dann ganze Bücher und Programme damit? Wenn wir uns näher damit beschäftigen, fällt uns vielleicht auf, dass unser Atem nur selten im Vordergrund steht und unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Erst wenn wir nicht genug Luft bekommen, uns der Atem stockt, etwas uns den Atem nimmt oder wir durch eine Krankheit Probleme beim Atmen haben, wenden wir uns ihm zu. Ich selbst bin Yogalehrerin, und Atemübungen machen einen großen Teil meiner Yogapraxis aus. Meine Yogastunden leite ich gerne mit dem Satz ein: „Vor dem Tun kommt erst einmal das Sein.“
Denn das ist es, was der Atem uns schenken kann: Er bringt uns ins Sein, in den gegenwärtigen Moment und ins Bewusst- Werden. Er führt uns damit nicht nur weg von der Ablenkung und Zerstreuung durch unsere Gedanken, er entschleunigt uns auch, wenn wir ihn ganz bewusst wahrnehmen. Und wenn wir es schaffen, unsere Aufmerksamkeit immer wieder auf ihn zu richten, holt er uns aus dem mechanischen Handeln heraus, das wir uns über die Jahre angewöhnt haben.
Die Art und Weise, wie wir atmen, macht einen enormen Unterschied aus. Das gilt nicht nur in Kombination mit Bewegung, wie etwa beim Sport und Yoga, sondern es ist auch in unserem Alltag von Bedeutung. Gesunde Menschen benutzen in der Regel sowohl ihre Nase als auch ihren Mund, um zu atmen. Letzteres ist nur in bestimmten Situationen sinnvoll, etwa wenn die Nase durch eine Infektion verstopft ist oder man aufgrund einer körperlichen Anstrengung kurzzeitig mehr Sauerstoff braucht. Im Normalfall atmet man auch beim Sprechen oder Essen kurzzeitig durch den Mund.
Mediziner sind sich weitgehend darin einig, dass die kontinuierliche Atmung durch den Mund nicht gut für uns ist. Die Mundatmung erhöht die Produktion und Ansammlung von Stresshormonen, und neben der höheren Wahrscheinlichkeit einer Stoffwechselstörung, die damit einhergeht, gehen auch der Blutdruck und die Herzschlagrate in die Höhe. Es ist also sinnvoll, möglichst durch die Nase zu atmen.
Atemübung
Diese Übung macht den Atemprozess samt seiner verschiedenen Aspekte bewusst. Sie hilft außerdem dem Geist, sich zu fokussieren.
- Komm in eine bequeme sitzende Haltung.
- Entspann deinen ganzen Körper. Lass deinen Unterkiefer entspannt etwas tiefer sinken.
- Lenk deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem. Beobachte ihn, ohne ihn zu verändern.
- Nimm wahr, wie der Atem über die Nase ein- und ausströmt.
- Beobachte, was sich alles im Körper durch den Atem bewegt: dein Brustkorb, dein Bauch, dein Rücken, deine Schultern …
- Folge mit deiner Aufmerksamkeit der Bewegung des Atems, während er durch Nase, Rachen und Hals bis in die Lunge einströmt.
- Folge mit deiner Aufmerksamkeit der Bewegung des Atems und nimm bewusst den Weg wahr, den er nimmt, wenn er wieder ausströmt.
- Beobachte den Übergang von der Einatmung zur Ausatmung und umgekehrt. Es gibt da jeweils eine kleine Pause, bevor der Atem einströmt bzw. bevor er deinen Körper wieder verlässt.
- Lenk deine Aufmerksamkeit auf den kompletten Atemzyklus. Finde einen gleichmäßigen Flow für die Ein- und Ausatmung.
- Bleib in dieser Weise zehn weitere Atemzüge bei deinem Atem.
- Beobachte einen Moment, wie du dich
fühlst.
Diese Leseprobe endet hier. Möchten Sie weiterlesen? Unsere Ausgabe „Schlaf und Traum. Ihre Bedeutung für Gesundheit, Resilienz und Wohlbefinden.“ können Sie bequem online bestellen.