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Anne Frobeen | Die Sehnsucht nach Kontakt


Immer mehr Menschen – auch gerade jüngere – fühlen sich trotz einer zunehmend stärker vernetzten Welt immer einsamer. Woran das liegt, was wir dagegen tun können und welche Gefahren für unsere psychische und körperliche Gesundheit durch das Gefühl der Einsamkeit entstehen, beleuchtet Anne Frobeen anhand der neuesten Studien aus Neurobiologie und Medizin.

Text: Anne Frobeen | Illustration: Carole Hénaff

Einsamkeit ist wie ein tiefer Schmerz in der Brust. Alles zieht sich in einem unbändigen Sehnen nach Zuwendung zusammen. Anspannung, Verzweiflung und inneres Aufbegehren zerreißen fast den Rumpf. Sich abzulenken entlastet ein wenig – irgendetwas tun, essen, trinken, Sport treiben. Vielleicht in ein Restaurant gehen. Versuchen, so auszusehen, als wäre man gern allein. Dann der Vergleich mit anderen, die sich unterhalten und lachen. Es schmerzt.

Wie Hunger oder Durst ist Einsamkeit ein Warnsignal für uns, sagt der US-amerikanische Einsamkeitsforscher John Cacioppo. Einsamkeit signalisiert uns: Hier stimmt was nicht. Du brauchst die Verbindung zu anderen Menschen. Du brauchst Kontakt, ein nettes Gespräch. Du brauchst das Gefühl, gesehen und gemocht zu werden. Die Verbindung zu anderen ist für uns lebensnotwendig, und Einsamkeit ist der Schmerz, der entsteht, wenn diese Verbindung nicht da ist. Dass das nicht nur eine Metapher ist, konnte die Sozialpsychologin Naomi Eisenberger belegen: Fühlen wir uns zurückgewiesen, sind im Gehirn die gleichen Areale aktiv wie bei körperlichem Schmerz.

Verbundenheit ist lebensnotwendig

Wie sehr wir andere Menschen brauchen, um gut zu leben, zeigt nachdrücklich eine US- amerikanische Studie, die Harvard Study of Adult Development. Sie hat die Lebenswege von Hunderten von Menschen – vorwiegend Männern – über mehr als 83 Jahren untersucht und dabei Unmengen von medizinischen und anderen Gesundheitsdaten zusammengetragen.

Das wichtigste Ergebnis der Studie hat ihr Direktor Robert Waldinger Anfang 2023 in einem einzigen Satz zusammengefasst: „Gute Beziehungen machen uns glücklicher und gesünder. Punkt.“ Männer mit guten zwischenmenschlichen Beziehungen – mit der Familie, Freunden oder Gemeinschaften – lebten sogar länger als Männer mit weniger guten. Nicht auf die Anzahl der Freunde kam es an oder darauf, ob man in einer festen Beziehung lebte, sondern auf die Qualität. Diejenigen, die mit 50 Jahren am zufriedensten mit ihren Beziehungen waren, waren mit 80 Jahren am gesündesten.

Das bedeutet auch: Wer dauerhaft einsam ist, hat ein höheres Risiko, krank zu werden. In einer vielzitierten Analyse von 148 wissenschaftlichen Studien stellte die Psychologin Julianne Holt-Lunstad fest: Chronisch einsame oder sozial isolierte Menschen haben ein rund 30 Prozent höheres Risiko, vorzeitig an schweren Krankheiten wie etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall zu sterben.

Andere Studien zeigen: Im Alter erhöht Einsamkeit das Risiko für Demenz um fast 40 Prozent. Einsame, die an Krebs erkranken, sterben daran mit höherer Wahrscheinlichkeit als nicht Einsame. Auch psychische Erkrankungen, koronare Herzkrankheiten, Schlafstörungen, Sucht und Schmerzen sind bei chronisch einsamen Menschen häufiger. Einsamkeit ist damit ein größeres Risiko für die Gesundheit als Luftverschmutzung, Bewegungsmangel oder Übergewicht.

Einsamkeit ist subjektiv

Einsam fühlen wir uns, wenn wir weniger vertrauensvolle zwischenmenschliche Beziehungen haben, als wir es uns wünschen. „Weit über 80 Prozent der Deutschen geben an, schon einmal einsam gewesen zu sein“, sagt Susanne Bücker. Sie ist Professorin für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie an der Universität Witten/Herdecke und hat sich einen Namen als Expertin für Einsamkeit gemacht. (…) Mehr

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